nach einer Vision der heiligen Margareta Maria Alacoque
„Ich setze dich als Erbin Meines Herzens und all
seiner Schätze ein für Zeit und Ewigkeit.“
Es ist kurz nach sechs Uhr, Anfang September. Still
ist es, menschenleer die Straßen, die Luft noch frisch, und der Himmel hat sein
Nachtblau schon verloren. Einige Stufen führen zur Chapelle de la Visitation.
Die Tür steht einladend offen. Ich trete ein durch die blumengeschmückte
Heilige Jubiläumspforte. Drinnen ist es dunkel, anders als am Vorabend, als ich
zum ersten Mal die Kapelle betreten hatte, in der noch einige Beter waren.
Heute in der Früh bin ich ganz alleine. Ich gehe nach vorne, hin zum einzigen
Ort, der erleuchtet ist: dem Altarraum. In der Seitenkapelle, wo der Schrein
der heiligen Margareta Maria Alacoque liegt, ist es vollkommen dunkel. Zwei
rote Lichtampeln zu beiden Seiten deuten an, wo die Heilige ruht. Die
Dunkelheit ist ein Geschenk, denn je weniger ich sehe, desto mehr geht der
Blick nach innen und umso näher fühle ich mich der Heiligen, die Jesus zur
Erbin Seines Herzens machte und die geduldig alle Bitterkeit, alle Leiden und
Erniedrigungen, die sie in ihrem Leben mit Jesu Kreuz verbanden,
ertragen hat.
Chapelle des Apparitions
Ich verweile bei ihr. Das Beten fällt leicht. Da ist der Herr im Tabernakel und da ist die, die Er auserkoren hat, Sein Herz zu sehen.
Zwischen 1673 und 1675 erschien hier Christus mehrmals
der Ordensfrau und Mystikerin Margareta Maria Alacoque, wenn sie vor dem
Tabernakel kniete, und enthüllte ihr Sein von Liebe brennendes Herz und Seinen
Wunsch, von den Menschen geliebt zu werden, die Ihm mit Kälte und Undank
begegneten, vor allem gegenüber Seiner Gegenwart in der Eucharistie. Am meisten
schmerzte es Ihn, daß Herzen, die Ihm besonders geweiht sind, Ihm auf diese
Weise begegnen.
Margareta Maria, die schon von Kindheit an mit
Visionen vertraut war und sich schon früh in tiefer mystischer Vereinigung mit
ihrem gekreuzigten Herrn und Bräutigam verbunden hatte, machte dieser zur Erbin
Seines Herzens. Sie sollte dessen Verehrung unter den Menschen fördern. Auch
verlangte Christus die Feier eines Herz-Jesu-Festes am Freitag nach der
Fronleichnamsoktav, an dem man die heilige Kommunion empfangen und Sühne
leisten soll für die Ihm zugefügten Beleidigungen.
Eine stille Gebetsweile, dann wende ich mich zum
Gehen. Längst sind die Straßenlaternen erloschen. Eine Frau überholt mich mit
dem Fahrrad. Ich werde sie in der Frühmesse sehen, denke ich. Wer jetzt schon
unterwegs ist, strebt zur Basilika.
Als es mich später wieder zur Heiligen zurückzieht,
ist dort noch immer niemand. Aber der Schrein ist erleuchtet.
Ich bete leise. Bis plötzlich der Himmel zu erklingen
scheint: Die Schwestern haben sich eingefunden und beginnen, die Laudes zu
singen.
Als ich mich aufmache zum heiligen Claude de la
Colombière, dem Beichtvater und Seelenführer der Heiligen, der sie erfolgreich
in ihrer Aufgabe unterstützte, die Herz-Jesu-Verehrung zu befördern, strahlt
draußen die Sonne vom wolkenlosen Himmel.
Im traditionellen Kalender feiern wir nicht am 16.,
sondern erst am 17. Oktober das Fest der heiligen Margareta Maria Alacoque. Sie
starb am 17. Oktober 1690 im burgundischen Paray-le-Monial im Alter von 43
Jahren, den Namen Jesu auf den Lippen. Es ist der Ort, an dem Jesus sie haben
wollte. 1671 trat sie hier in den Orden von der Heimsuchung Mariens ein (heute:
Salesianerinnen; gegründet von Franz von Sales und Johanna von Chantal).
Mit der Unterstützung ihres Beichtvaters, des heiligen
Claude de la Colombière, der die Echtheit ihrer Visionen bestätigte, gelang es
ihr nach und nach, das Mißtrauen, das ihr wegen der Erscheinungen
entgegenschlug, und die Ablehnung innerhalb ihrer Gemeinschaft zu überwinden.
Am 21. Juni 1686 wurde das Herz-Jesu-Fest im Kloster feierlich begangen und
wenig später die erste kleine Herz-Jesu-Kapelle mit dem Herz-Jesu-Bilde
errichtet.
Das Herz-Jesu-Fest, das wir heute kennen, geht auf das Wirken der Heiligen zurück, ebenso die Herz-Jesu-Freitage.
Am 13. Mai 1920 wurde Margareta Maria Alacoque, die
Vielgeliebte des Herzens Jesu, von Papst Benedikt XV. heiliggesprochen.
Zum Gedenken an den 350. Jahrestag der Erscheinung des
Heiligsten Herzens Jesu in Paray-le-Monial findet vom 27. Dezember 2023, dem
Jahrestag der ersten großen Erscheinung, bis zum 27. Juni 2025, dem Hochfest
des Heiligsten Herzens Jesu, ein eineinhalbjähriges Jubiläum statt.
Gerade in unserer Zeit der Gottvergessenheit und
Gotteslästerung in allen Bereichen unserer Gesellschaft und der Infragestellung
der einen Wahrheit Christi selbst in der Kirche, müssen wir das Heiligste Herz
Jesu lieben und Sühne leisten. Es ist unsere Rettung:
„Es wird dieses göttliche Herz regieren, trotz derer,
die sich ihm entgegenstellen wollen.“
(Brief vom 10. April 1690 an Schwester Joly von der
Heimsuchung in Dijon)